Schäuble und Gabriel wollen ein deutsches Europa und kein europäisches Deutschland
Pressemitteilung von Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch vom 12.07.2015
Vor dem Treffen der Staats- und Regierungschefs der Eurozone erklären die stellvertretenden Vorsitzenden der Linksfraktion im Bundestag Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch:
Das griechische Trauerspiel wird jetzt seit fünf Jahren in immer neuen Folgen aufgeführt. Griechenland wird eine Kürzungspolitik diktiert, die es immer ärmer macht und seine Schulden weiter erhöht. Und jedesmal, wenn sich herausstellt, dass die Medizin wieder nicht gewirkt hat und der Patient noch kränker geworden ist, fordern Merkel, Schäuble und Co. eine Erhöhung der Dosis. Zahlen für diesen Wahnsinn dürfen die europäischen Steuerzahler, die dank Merkel heute für den übergroßen Teil der griechischen Schulden haften, leiden müssen die Griechinnen und Griechen, deren Lebensverhältnisse sich in den letzten Jahren dramatisch verschlechtert haben.
Inzwischen scheinen Schäuble und Gabriel selbst den Glauben an ihre Medizin verloren zu haben und fordern den (zumindest vorübergehenden) Rauswurf des verarmten Landes aus der Eurozone. Es ist offenkundig: hier geht es längst nicht mehr um die Details irgendwelcher "Reformlisten". Hier geht es darum, ein Exempel zu statuieren: Wer immer in Europa es wagt, gegen deutsche Vorgaben und neoliberale Politik aufzumucken, der hat keine Chance.
Schäuble und Gabriel wollen ein deutsches Europa und kein europäisches Deutschland. Das Erbe Helmut Kohls wird leichtfertig verspielt und das Verhältnis zu Frankreich und Italien verschlechtert. Dass ein SPD-Vorsitzender inzwischen als Hardliner beim Vorantreiben von Rentenkürzungen, Mehrwertsteuererhöhungen und Privatisierungen vorprescht und Merkel beim Schüren nationalistischer Ressentiments regelmäßig rechts überholt, ist eine Schande. Dass seine Partei das hinnimmt, ist traurig und zeigt, dass mit der SPD wohl auf absehbare Zeit keine sozial verantwortbare Politik zu machen ist.
Zudem werden sämtliche Informations- und Beteiligungsrechte des Deutschen Bundestages missachtet. Niemand hat das Recht ohne Kenntnis des Parlaments so zu agieren.
Die bisherige Politik in Europa ist gescheitert. Es muss dringend eine Lösung für die Staatsschulden nicht nur in Griechenland geben. Überschuldete Ländern brauchen nicht weitere Steuermilliarden, sondern einen Schuldenschnitt. Endlich muss europaweit eine Vermögensabgabe eingeführt werden, die die Profiteure der Krise zur Kasse bittet. In Griechenland wie in anderen Ländern müssen Investitionen in Wachstum und Beschäftigung vorgenommen werden. In Investitionsprogrammeni, die die reale Wirtschaft ankurbeln, wäre das EZB-Geld europaweit wesentlich besser angelegt als in obskuren Finanzpapieren, die nur die Vermögensblasen weiter aufblähen und die Reichen noch reicher machen.