Interview mit Sahra Wagenknecht, erschienen in der jungen Welt am 17.02.2014
17.02.2014
Interview: Andreas Wehr
Euro-Kritik der Linkspartei richtet sich explizit gegen deutsche
Dumpingstrategie bei Löhnen und Steuern. Gespräch mit Sahra Wagenknecht
Man hat den Eindruck, daß die Partei Die Linke jede Debatte
über die Zukunft des Euro scheut. Im Europawahlprogramm findet man zur
Perspektive der gemeinsamen Währung nur Wunschdenken: Ginge es dort nur
solidarischer und demokratischer zu, dann werde es schon. Da kommt Ihre
Wortmeldung, die bei Spiegel online unter der Überschrift steht:
»Wagenknecht fordert Abschaffung des Euro« firmierte, überraschend. Was
fordern Sie genau?
Ich habe nicht die Abschaffung des Euro gefordert. Das ist eine typische
Spiegel-Ente. Ich habe in dem Interview, auf das sich der Spiegel
bezieht, darauf hingewiesen, daß eine gemeinsame Währung nur unter
bestimmten Bedingungen funktionieren kann. Dazu gehört, daß nicht
einzelne Länder versuchen, durch brutales Lohndumping andere Länder
niederzukonkurrieren und sie damit auch unter Lohnsenkungszwang zu
setzen. Das gleiche gilt, wenn Länder ihre Unternehmens- und
Vermögenssteuern weit unter den Durchschnitt senken und damit einen
Senkungswettlauf auslösen. Gerade Deutschland hat sich in der
Vergangenheit mit einer solchen Dumpingstrategie hervorgetan. Das
Ergebnis sind riesige Überschüsse in der deutschen Leistungsbilanz und
dauerhafte Defizite, Arbeitslosigkeit und Deindustrialisierung in
anderen Ländern. Niemand kann diesen Zustand in die Zukunft
fortschreiben wollen.