Wagenknecht: "Kapitalismus garantiert kein gutes Leben"
Interview mit Sahra Wagenknecht, erschienen in DIE PRESSE (Österreich) am 21.09.2012
Sahra Wagenknecht, die Galionsfigur der deutschen Linkspartei, im Interview über Goethe, Marx, das deutsche Elend und warum Kinder von Reichen nichts erben sollen.
Die Presse: In Ihrem privaten Arbeitszimmer hängt ein Bild von Goethe. Warum?
Sahra Wagenknecht: Natürlich hängt da auch ein Marx-Bild. Aber Goethe
ist für mich ein wichtiger Bezugspunkt. Im zweiten Teil des Faust
findet man eine verblüffend weitsichtige Kapitalismuskritik. Faust als
Unternehmer schafft zwar Wohlstand, doch das ist gleichzeitig mit
Verbrechen verbunden.
Würde Goethe heute die Linke wählen?
Vorstellungen, die über den Kapitalismus hinausgehen, haben ihn
fasziniert. Man sollte niemanden vereinnahmen, der sich nicht mehr
wehren kann. Aber Goethe wäre bestimmt nicht Mitglied der FDP oder CDU
und auch nicht der heutigen SPD.