Sahra Wagenknecht

Steueroasen trockenlegen

Kommentar von Sahra Wagenknecht auf www.linksfraktion.de vom 25.04.13

25.04.2013

Uli Hoeneß warnte einst, die Reichensteuer der LINKEN würde Vermögensbesitzer zwingen, ihr Geld in die Schweiz zu bringen. Nun steht fest: Das tun sie auch ohne eine solche Reichensteuer. Wie anonyme Quellen Anfang April durchsickern ließen, hat sich ein weltweit gut funktionierendes Netzwerk von Banken, Investmentgesellschaften und Briefkastenfirmen gebildet, das den Superreichen dabei hilft, ihr Vermögen vor dem Fiskus zu verstecken. Das Gesamtvermögen, das in sogenannten Steueroasen angelegt wird, beläuft sich nach Schätzungen des Netzwerks Steuergerechtigkeit auf über 24 Billionen Euro. Der EU-Steuerkommissar geht davon aus, dass den europäischen Staaten jedes Jahr etwa eine Billion Euro durch Steuerhinterziehung und Steuerumgehung verloren gehen.

Bundesregierung leistet Beihilfe zur Steuerhinterziehung


Steuerhinterziehung ist Diebstahl. Doch während Beschäftigte schon gefeuert werden können, wenn auch nur der Verdacht besteht, dass sie ihr Unternehmen um Centbeträge geschädigt haben, werden Steuersünder, die den Staat um Millionenbeträge prellen, von der Politik mit Samthandschuhen angefasst. Im Gegensatz zu gewöhnlichen Verbrechern gehen Steuerhinterzieher, die ihr Vergehen nachträglich selbst anzeigen, in der Regel straffrei aus.

Mit derart laschen Gesetzen leistet die Bundesregierung Beihilfe zur Steuerhinterziehung. So hoffte auch Uli Hoeneß bis zuletzt auf das von Finanzminister Schäuble ausgehandelte Steuerabkommen mit der Schweiz, das ihm Straffreiheit und Anonymität garantiert hätte. Erst als dieses scheiterte, sah sich der Präsident des FC Bayern München genötigt, seinen Steuerbetrug selbst anzuzeigen. Dabei ist Uli Hoeneß kein Einzelfall: Schon etwa 3.400 Bundesbürger haben sich seit dem Scheitern des Schweizer Steuerabkommens selbst angezeigt, um einer Strafe zu entgehen. Auf Antrag der LINKEN, der SPD und der GRÜNEN wird der Bundestag an diesem Freitag darüber entscheiden, ob die Straffreiheit bei einer Selbstanzeige abgeschafft wird. FDP und CDU/CSU haben allerdings schon angekündigt, dass sie an den ungerechten Sonderregeln für Steuerbetrüger festhalten wollen.

Markige Sprüche sind das eine, Taten das andere

Die Helfer der Steuerdiebe sitzen aber nicht nur auf der schwarz-gelben Regierungsbank. Zwar hat die SPD nun eilig ein Fünf-Punkte-Programm gegen Steuerhinterziehung angekündigt und Kanzlerkandidat Steinbrück markiert erneut den Wildwest-Helden, der die Kavallerie gegen die Schweiz ausreiten lassen will. Doch markige Sprüche sind das eine, Taten das andere.

Als SPD und GRÜNE an der Regierung waren, setzten sie eine Amnestie für Steuerbetrüger durch, gegen die sogar die laschen Gesetze von heute streng ausfallen. Und seine Zeit als Finanzminister nutzte Steinbrück für üppige Steuergeschenke an Vermögensbesitzer, die ihre leistungslosen Einkünfte aus Zinsen und Dividenden seitdem nur noch zu einem Steuersatz von 25 Prozent versteuern müssen. "Die Abgeltungssteuer macht Deutschland als Anlagestandort attraktiver - auch wenn sie nicht gerade landläufigen Gerechtigkeitsvorstellungen entspricht," verteidigte sich Steinbrück damals – wohl wissend, dass der Staat durch die Abgeltungssteuer Milliarden an Steuereinnahmen verlieren würde.

Um Steueroasen trockenzulegen, braucht man im Übrigen keine Armee gegen andere Staaten ausreiten lassen. Mächtige Staaten wie Deutschland oder die USA müssten lediglich verhindern, dass einheimische Unternehmen oder Personen solche Oasen für ihre krummen Geschäfte nutzen. In den USA ist man diesbezüglich sehr viel weiter: So sieht der Foreign Account Tax Compliance Act (FATCA) vor, dass Finanzinstitute, die in nicht-kooperativen Staaten engagiert sind, zur Weitergabe steuerrelevanter Daten verpflichtet werden. Darüber hinaus sind alle US-Bürger unabhängig von ihrem Wohnort gezwungen, in den USA ihre Steuern zu zahlen.

Bundesfinanzpolizei aufbauen

Derartige Gesetze wäre auch in Deutschland dringend nötig. Darüberhinaus muss in den Bundesländern endlich das nötige Fachpersonal eingestellt und eine Bundesfinanzpolizei aufgebaut werden, die Steuer- und Wirtschaftskriminalität entschieden bekämpft. Denn die schärfsten Gesetze nutzen nichts, solange die Politik darauf verzichtet, das nötige Personal einzustellen, das auch komplizierten Fällen von Steuerbetrug nachgehen und so die Einhaltung der Gesetze sicherstellen kann.

linksfraktion.de, 25. April 2013