Sahra Wagenknecht

Deutschland verschleiert das wahre Drama – während China zeigt, wie Wirtschaft geht

Weitergedacht - Die Wagenknecht-Kolumne

02.10.2020

Die Konjunkturprognosen der vergangenen Wochen fielen positiv aus. Die Bundesregierung ist optimistisch, dass sich die Wirtschaft rasch von der Corona-Krise erholt. Doch das wird nicht der Fall sein. Für einen wirtschaftlichen Aufschwung ist eine neue Industriepolitik nötig.

Die Wirtschaftslage ist schlechter als sie in vielen Meldungen dargestellt wird. Die wichtigste Voraussetzung für Wohlstand in Deutschland, unsere hohe industrielle Wertschöpfung, ist in Gefahr. Aber die Bundesregierung schaut weg, verbreitet haltlosen Optimismus und verpulvert Milliarden für vielfach wirkungslose Maßnahmen. Wir brauchen endlich eine kluge, durchdachte Industriepolitik und hohe Investitionen in die Modernisierung unserer öffentlichen Infrastruktur.

Alles halb so schlimm, die deutsche Wirtschaft erholt sich kräftiger als gedacht, wir sind auf einem guten Weg. Das war der Tenor der Konjunkturprognosen verschiedener Wirtschaftsinstitute in den letzten Wochen. Den Anfang hatte Wirtschaftsminister Altmaier höchstpersönlich gemacht, der am 1. September freudestrahlend als Sinnbild für einen schnellen Aufschwung ein "V" in die Kameras hielt und die Konjunkturprognose der Bundesregierung nach oben korrigierte.

Die Talsohle sei durchschritten, die Krise weit weniger tragisch als erwartet, die Erholung grandios. Zur Begründung verwies der Wirtschaftsminister auf den angeblich fast schon wieder brummenden Einzelhandel; auch die Industrieproduktion komme in Gang und der Außenhandel lege zu. Und das alles natürlich nur dank der guten Politik der Bundesregierung, wie Altmaier gleich mehrfach betonte.

Einen Wirtschaftseinbruch von "nur" noch fünf bis sechs Prozent 2020 erwarten aktuell auch die meisten Wirtschaftsinstitute. Das nächste Jahr soll dann ein Plus in fast ähnlicher Größenordnung bringen, so dass spätestens 2022 alles wieder in Butter wäre. Anders als bei der Bundesregierung kann man in den Prognosen der meisten Wirtschaftsinstitute allerdings zumindest im Kleingedruckten Nachdenkliches lesen. Und dafür gibt es gute Gründe. Es sieht nämlich bei weitem nicht so passabel aus, wie die Schlagzeilen der letzten Wochen uns einreden wollen.

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