Sahra Wagenknecht

Welche Auswirkungen hat das "Rüffert"-Urteil des Europäischen Gerichtshofs?

Schriftliche Anfrage von Sahra Wagenknecht an die Europäische Kommission und den Rat der Europäischen Union vom 07.07.2008

08.07.2008

1. Teilt die Kommission/der Rat die Befürchtung, dass das „Rüffert"-Urteil die Verlagerung von Unternehmen in Länder mit niedrigeren Löhnen und Sozialstandards begünstigen kann und falls ja, was gedenkt sie/er, dagegen zu unternehmen?

2. Welche Auswirkungen hat das „Rüffert"-Urteil nach Einschätzung der Kommission/des Rates auf die Gleichbehandlung von einheimischen und ausländischen Unternehmen bei der Vergabe öffentlicher Aufträge? Handelt es sich nicht um eine Diskriminierung einheimischer Unternehmen, wenn sich die Unternehmen anderer EU-Mitgliedstaaten lediglich an die Mindestbedingungen der Entsenderichtlinie halten müssen?

3. Sieht die Kommission/der Rat Handlungsbedarf zur Schaffung eines europarechtlichen Rahmens, der nationalstaatliche Tariftreuegesetze als europarechtskonform ermöglicht?

4. Wie beurteilt die Kommission/der Rat das Verhältnis der Entsenderichtlinie zu den Vergaberichtlinien im Hinblick auf die Geltung von Tariftreueklauseln? Hat die Entsenderichtlinie Vorrang vor den Vergaberichtlinien oder ist es nicht vielmehr so, dass bei der Frage der Geltung von Tariftreueklauseln die Vergaberichtlinien als lex specialis die Entsenderichtlinie verdrängen?

5. Teilt die Kommission/der Rat die Ansicht, dass das „Rüffert"-Urteil in Widerspruch zum Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation zu Tariftreuevorschriften im Rahmen von öffentlichen Aufträgen (ILO-Konvention 94) steht? Hat die deutsche Regierung nach dem „Rüffert"-Urteil immer noch die Möglichkeit, die ILO-Konvention 94 zu ratifizieren?