Bankenrettung auf Portugiesisch
Artikel von Sahra Wagenknecht, erschienen auf linksfraktion.de am 19.11.2013
Portugal ist bekannt für sein populäres Liedgut: den Fado. Dieser
prangert häufig soziale Missstände an. Die große Mehrheit der
portugiesischen Bevölkerung hat aktuell gute Gründe, ihr Leid zu klagen.
Seit der "Euro-Rettung" wurden Banken und Gläubiger rausgehauen, aber
Portugal einer neuen Diktatur der Finanzmärkte zur Zerstörung von
Demokratie und Sozialstaat unterworfen.
Portugal soll bald vollständig an den Kapitalmarkt zurückkehren, das
heißt alle Kredite wieder bei Investoren aufnehmen. Allerdings hält sich
die Wirklichkeit nicht an das Drehbuch der Bankenretter: Die
Staatsverschuldung Portugals explodierte seit der "Euro-Rettung" auf
etwa 128 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Das ist das Niveau
Griechenlands bei Ausbruch der Krise. Die Arbeitslosigkeit stieg von
unter acht Prozent in 2008 auf mittlerweile über 17 Prozent. Mehr als 42
Prozent der unter 24-Jährigen waren im Frühjahr ohne Arbeit.
Bundeskanzlerin Merkel, EU-Kommissionspräsident Barroso und Co. schaffen
eine verlorene Generation: von Lissabon bis nach Athen.
Steuerzahler zahlen für Reiche und Banken
Etwa 78 Milliarden Euro wurden Portugal an "Hilfen" zugesichert. Davon
wurden bisher 65,8 Milliarden ausgereicht. Etwa jeweils 22 Milliarden
Euro stammen aus dem EU-Haushalt beziehungsweise dem Europäischen
Finanzstabilsierungsmechanismus (EFSM), der Europäischen
Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF) der EU-Mitgliedsstaaten sowie dem
Internationalen Währungsfonds (IWF). Darüber hinaus hat die Europäische
Zentralbank (EZB) ebenfalls im Umfang von rund 22 Milliarden Euro den
Banken und Investoren portugiesische Staatsanleihen abgekauft. Nun wurde
eine neue Kredittranche in Höhe von 5,6 Milliarden Euro davon 3,7
Milliarden Euro durch den EFSF bewilligt. Portugal soll damit seine
Schulden bei Banken und Vermögenden bedienen.
Die Steuerzahler zahlen somit für Reiche und Banken. Denn Portugal wird
aufgrund der Schuldenlast und der wachstumsfeindlichen Kürzungsdiktate
die Kredite nicht zurückzahlen können. Die Vereinbarung mit Portugal,
das Memorandum of Understanding, sieht gar vor, dass Steuern für Unternehmen insbesondere Kapitalgesellschaften gesenkt werden.
Deutschland haftet für rund 20 Prozent des EU-Haushalts, 29 Prozent
(inklusive einer Übersicherung) der EFSF und etwa sechs Prozent des IWF.
Deutschland hält auch 27 Prozent der Anteile der EZB: Allerdings ist
unklar, wie sich ein Staatsbankrott Portugals auswirken würde, denn
wahrscheinlich würden Anleihen der EZB von einem Schuldenschnitt
ausgenommen. Daher geht es bei den bisherigen "Portugal-Hilfen" für die
hiesigen Steuerzahler um etwa 13 Milliarden Euro.
Portugal braucht Schuldenschnitt und Investitionsprogramm
DIE LINKE wird weiterhin als einzige Partei im Deutschen Bundestag die
"Euro-Rettung" ablehnen. Portugal braucht keine Milliarden für
Schrott-Banken, sondern ein Investitionsprogramm zum Aufbau der
Wirtschaft.
Darüber hinaus fordert DIE LINKE eine verantwortungsvolle
Europapolitik: Ein Land wie Portugal, das überschuldet ist, braucht
einen umgehenden Schuldenschnitt (unter Ausnahme von Rentenansprüchen,
die in portugiesische Staatsanleihen investiert sind) sowie eine
Vermögensabgabe für Millionäre. Kommt der Schuldenschnitt wie bei
Griechenland zu spät, liegen die Schuldtitel bei den Rettungsschirmen
und es haften die Steuerzahler, nicht die Banken und Vermögenden. Dabei
übertrifft allein das Vermögen der europäischen Millionäre mit etwa 14
Billionen Euro die Staatsverschuldung aller 28 EU-Mitgliedsstaaten, die
bei 11 Billionen Euro liegt.
Bei Bankenpleiten sind nur Einlagen der Kleinsparer, der Geldverkehr
und das gewerbliche Kreditgeschäft abzusichern. Die Finanzierung der
öffentlichen Haushalte ist von der Diktatur der Finanzmärkte zu
befreien, indem die Staaten sich bei EZB in einem festgelegten Rahmen
direkt und günstig finanzieren können. Das Geschäft der Banken mit der
Staatsverschuldung muss beenden werden. Außerdem gehört der Bankensektor
unter öffentliche Kontrolle und muss streng reguliert werden.