Jahresbericht der Europäischen Zentralbank (Bericht Berès, A6-0349/2006)
Erklärung von Sahra Wagenknecht zum Abstimmungsverhalten
Preisstabilität, das sei ihr Beitrag zu mehr Arbeitsplätzen und mehr Wachstum, argumentiert die EZB immer wieder. Preisstabilität existiert im Euroraum. Aggregierte Preissteigerungsraten unter 2 Prozent bedeuten in nicht wenigen Sektoren sogar deflationäre Entwicklungen. Sobald jedoch auch nur der zarteste Anflug wirtschaftlicher Erholung im Euroraum erkennbar ist, kennt die EZB, blind fixiert auf Preisstabilität, nur eine Antwort: Die Zinsen erhöhen. Obwohl nicht das geringste Anzeichen inflationärer Tendenzen erkennbar ist. Obwohl unverändert Massenarbeitsarbeitslosigkeit herrscht und die Löhne weniger steigen als die Produktivität, was auf Dauer zu gravierenden volkswirtschaftlichen Ungleichgewichten führen muss. Obwohl selbst die Kapitalmärkte mit extrem niedrigen Langfrist-Zinsen signalisieren, dass sie in Zukunft weder einen stärkeren Anstieg der Preise noch eine nachhaltige Wirtschaftserholung erwarten. Und blickt man über den Atlantik, haben sie auch wenig Grund dazu.
Der vorliegende Bericht in seiner ursprünglichen Form hatte den Mut zu kritischen Positionen. Leider ist nach der Abstimmung im Wirtschaftsausschuss davon nur noch wenig übrig geblieben. Dabei wären kritische Worte mehr als nötig.
Wir brauchen in Europa endlich eine andere Geldpolitik. Eine, die sich statt von monetaristischen Dogmen von gesellschaftspolitischer Verantwortung leiten lässt. Eine, die die Interessen der grossen Mehrheit der Europäer und nicht nur die der Finanzhaie und des europäischen Geldadels vertritt.