Sahra Wagenknecht

Die Globalisierung ist kein naturläufiger Prozess, sie ist Ergebnis von Politik!

Rede von Sahra Wagenknecht in der Debatte des Europäischen Parlaments über "Das europäische Interesse: Erfolg im Zeitalter der Globalisierung" am 14.11.07

14.11.2007

Werte Kolleginnen und Kollegen,

die Globalisierung ist kein naturläufiger Prozess, auch wenn das gern so dargestellt wird, sie ist selbst Ergebnis von Politik. Sie wurde politisch gemacht mit jeder Maßnahme zur weiteren Deregulierung und Liberalisierung des internationalen Kapitalverkehrs, mit der Erpressung von Entwicklungsländern, ihre Kapitalmärkte zu öffnen und ausländische Übernahmen zuzulassen, - sie wird gemacht von den großen Industriestaaten und nicht zuletzt von der Europäischen Union.

Was der Begriff der Globalisierung eigentlich umschreibt, ist nicht die Internationalisierung der Wirtschaft, sondern die von keiner nationalen Regulierung mehr behinderte Macht von Vermögensbesitzern, Banken und Konzernen, ihr Geld ohne Rücksicht auf soziale Konsequenzen dahin zu schieben, wo es die höchste Rendite bringt. Darin eingeschlossen ist die Macht, die einzelnen Länder als "Standorte" gegeneinander auszuspielen und so immer bessere Voraussetzungen für Profitmaximierung zu erzwingen.

Hinter dem Ziel der „Wettbebewerbsfähigkeit" verbirgt sich genau das: sinkende Unternehmenssteuern, zerstörte soziale Netze, brutales Lohndumping. Mit anderen Worten: ein immer unkontrollierterer Kapitalismus.

In diesem Sinne hat die Globalisierung natürlich nicht nur Verlierer, sie hat auch satte Profiteure, zu ihnen gehören die europäischen Konzerne, die sich dabei zu Global Playern entwickelt haben und deren Gewinnentwicklung in den letzten Jahren wenig Wünsche offen ließ.

Der großen Mehrheit allerdings kommt diese Entwicklung nicht zugute. Im Gegenteil. Ungezügelter Kapitalismus ist das Faustrecht des Kapitalstarken und die Ausbeutung und Unterdrückung des Kapitalschwachen. Die vorliegende Resolution, die diese Verhältnisse schönredet, wird unsere Zustimmung nicht bekommen. Wir werden statt dessen weiter für eine andere wirtschaftliche Ordnung in Europa kämpfen, eine, in der Menschen nicht länger nur Kostenfaktoren und Länder mehr als bloße Standorte sind.