Riester? Abwickeln!
Kommentar von Sahra Wagenknecht, Frankfurter Rundschau, 24.04.2016
Die Riester-Rente ist gescheitert. Die von Rot-Grün vor 15 Jahren beschlossene Teilprivatisierung der Rente hat zwar die Taschen der Versicherungskonzerne gefüllt. Doch dafür werden Beschäftigte durch das sinkende Rentenniveau um die Früchte ihrer Arbeit geprellt. Wer nicht kontinuierlich und überdurchschnittlich verdient, wird mit einer Rente auf Sozialhilfeniveau abgespeist – dies wird ab 2030 etwa jeden zweiten Bundesbürger betreffen. Die private Vorsorge schafft keine Abhilfe, da Geringverdiener kaum etwas sparen können und die Renditen der Riester-Produkte ins Bodenlose sinken.
Eigentlich liegt die Alternative auf der Hand: Statt Finanzkonzerne mit jährlich 3 Milliarden Euro zu subventionieren, müssten die gesetzlichen Rentenansprüche von Geringverdienern deutlich aufgestockt werden. Denn in fast keinem Industrieland sind sie bei der Rente so schlecht gestellt: Im Durchschnitt der OECD erhält ein Geringverdiener gut 74 Prozent seines früheren Nettoeinkommens als Rente, in Deutschland sind es gerade mal 53 Prozent.
Zwar bestreitet inzwischen fast niemand mehr, dass die Riester-Rente ihr Ziel verfehlt hat. Doch es fehlt der politische Mut, sie abzuwickeln und dafür die gesetzliche Rente zu stärken. Die Grünen etwa wollen die private Vorsorge für Geringverdiener attraktiver machen – und so den Versicherungen weitere Subventionen in den Rachen werfen. Die SPD will vor allem Betriebsrenten stärken – was ebenfalls der Finanzindustrie zugutekommt und vielen Beschäftigten keine Vorteile bringt. Derweil bereitet Finanzminister Schäuble die nächste Rentenkürzung vor: Das Rentenalter soll weiter steigen – obwohl schon 50-Jährige auf dem Arbeitsmarkt schlechte Karten haben und man in harten Jobs bis zum Renteneintrittsalter nicht arbeiten kann.
Wer eine Lawine der Altersarmut vermeiden will, muss die gesetzliche Rente reparieren. Das Rentenniveau muss wieder auf 53 Prozent steigen, und spätestens mit 65 sollte man ohne Abschläge in Rente gehen können. Zur Finanzierung dieses Umbaus braucht es eine solidarische Erwerbstätigenversicherung, in die auch Beamte und Selbstständige einzahlen. Schließlich muss der Mindestlohn erhöht und für anständige Arbeitsplätze gesorgt werden. Denn Voraussetzung für eine gute Rente im Alter ist zuvor eine sichere Arbeit zu guten Löhnen.
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