Sahra Wagenknecht

"Die Politik der Bundesregierung und der NATO-Staaten ist scheinheilig"

Grußwort von Sahra Wagenknecht an die Demonstration zur Unterstützung von Kobane am 11.10.2014 in Düsseldorf

11.10.2014

Liebe Demonstrantinnen und Demonstranten,

ich kann leider heute nicht persönlich in Düsseldorf sein, aber ich erkläre mich mit Eurer Demonstration und mit Eurem Protest gegen den Terror des Islamischen Staates und die Heuchelei der NATO-Staaten solidarisch.

Was heute in Kobane passiert, ist der vorläufige Endpunkt einer Entwicklung, die von denjenigen, die jetzt vorgeben, auf der Seite der Kurden zu stehen, sehenden Auges in Kauf genommen worden ist. Die Kurdinnen und Kurden in Kobane/Ain-al arab, die Menschen in Syrien und dem Irak zahlen einen furchtbaren Preis für die verfehlte und skrupellose Politik der USA und der Nato.

Denn der IS konnte nur deshalb so stark werden, weil er mächtige Unterstützer hatte und weiterhin hat: Ohne die Finanzmittel aus den Golfstaaten und ohne die schändliche Unterstützung des Erdogan-Regimes in der Türkei würde er nie in Kobane stehen. Und selbst jetzt geht die Unterstützung weiter: Während Militärangriffe gegen IS-Stellungen geflogen werden, duldet man andererseits, dass die Türkei ihre Grenzen gegen die kurdischen Flüchtlinge versiegelt, gleichzeitig aber IS-Kämpfer unbehelligt über die Grenze gehen. Und wo bleibt der Protest dagegen, dass mittlerweile Dutzende von Kurden bei Demonstrationen in der Türkei von Sicherheitskräften getötet worden sind?

Die Politik der Bundesregierung und der NATO-Staaten ist scheinheilig. Wer es ernst meint mit der Bekämpfung der Mörderbanden des IS, muss sie von jeglichem Rückhalt und jeglicher Unterstützung abschneiden. Das bedeutet: Es braucht massiven Druck auf diejenigen, die den IS unterstützen. Es darf keine weiteren Waffenlieferungen an die Türkei, Saudi-Arabien und Katar geben! Es muss Schluss sein mit der stillschweigenden Duldung der katastrophalen Politik der Türkei. Die Pläne der Türkei für eine Schutzzone sind nichts anderes als der Versuch, einen Blankoscheck der Weltgemeinschaft zu erhalten, um ihren jahrelangen Krieg gegen die Kurden fortzuführen und die kurdische Selbstverwaltung in Syrien zu schwächen. Die Türkei muss sofort ihre Blockade der kurdischen Gebiete beenden, damit die dringend benötigte humanitäre Hilfe die vielen verzweifelten Menschen erreicht, die dem Terror des IS entkommen sind. Und sie muss die Grenze für IS-Kämpfer abriegeln. Was jetzt notwendig und schon lange überfällig ist, ist außerdem ein Ende des PKK-Verbots. Das wäre ein wichtiger Schritt zur Unterstützung der Kurdinnen und Kurden in ihrem Kampf gegen den IS!

Liebe Freundinnen und Freunde, der Widerstand der Kurdinnen und Kurden in Kobane braucht unsere Solidarität und Unterstützung. Ich wünsche der heutigen Demonstration viel Erfolg, damit von Düsseldorf ein deutliches Zeichen ausgeht gegen Terror und Krieg.

Ich grüße Euch herzlich.

Sahra Wagenknecht